Das Telefonüberwachungsprogramm der NSA war illegal und teuer: Und sie hat nicht einen einzigen Terroranschlag verhindert.

Massenüberwachung kostet Millionen von Dollar. Dennoch verbessert sie die Sicherheit nicht.

2020-10-02
Daten aus den USA und Europa zeigen, dass Massenüberwachung nicht dazu beiträgt, Terroranschläge zu verhindern. Dennoch verlassen sich die Behörden weiterhin auf Überwachungstechnologien wie Gesichtserkennung und Standortverfolgung. Entgegen diesem Trend müssen wir uns auf unsere Menschenrechte konzentrieren und das schützen, was wichtig ist, um die Macht bei den Menschen zu behalten: Unser Recht auf Privatsphäre und Redefreiheit.

Telefonüberwachung durch die NSA

Das Telefonüberwachungsprogramm der NSA wurde als Teil von PRISM von 2008 bis 2019 in den USA durchgeführt. Es "ermächtigt die Geheimdienste ausdrücklich dazu, Telefon, E-Mail und andere Kommunikation von US-Bürgern bis zu einer Woche lang zu überwachen, ohne einen Durchsuchungsbefehl zu benötigen", wenn sich eine der Parteien außerhalb der USA befindet.

Das Telefonüberwachungsprogramm der NSA hat die amerikanischen Steuerzahler bisher über 100 Millionen Dollar gekostet, so die New York Times. Dennoch hat es nicht einen einzigen Terroranschlag verhindert.

Das Programm besteht seit Ende 2019 nicht mehr und ist nicht mehr in Kraft. Die unbefugte Überwachung von Bürgern ist verfassungswidrig - in den USA, in Deutschland sowie in den meisten demokratischen Ländern.

Generelle Überwachung der Bürger

Dennoch gab es PRISM mehr als ein Jahrzehnt, und während dieser Zeit wurden amerikanische Bürger ohne ihr Wissen von den Geheimdiensten überwacht. Die NSA argumentierte, dass sie diese Art von Informationen benötigte, um Terroranschläge zu verhindern und die amerikanische Bevölkerung zu schützen.

Ein Richter entschied jedoch Anfang September 2020, dass nicht ein einziger Terroranschlag mit Hilfe des Telefonüberwachungsprogramms der NSA gestoppt wurde. Das Urteil betraf den einzigen Fall, den eine Studie des Privacy and Civil Liberties Oversight Board (Aufsichtsbehörde für den Schutz der Privatsphäre und der bürgerlichen Freiheiten) ergab, in dem die NSA auf der Grundlage der Telefonüberwachung erfolgreiche Beweise gegen Terroristen vorlegte.

Das Urteil kam zu dem Schluss, dass die aus der (illegalen) Telefonüberwachung gewonnenen Beweise nicht notwendig waren, um den Verbrecher zu verurteilen. Die Überwchungsmaßnahme erbrachte keine weiteren Informationen als das, was den Behörden bereits bekannt war.

Massenüberwachung zur Verbrechensbekämpfung nicht notwendig

Eine ähnliche Untersuchung von Terroranschlägen in Europa kam zu dem gleichen Ergebnis: Zwischen 2014 und 2017 fanden in Europa 13 islamistische Terroranschläge statt, nach denen 24 Täter verurteilt wurden. Alle 24 - also hundert Prozent - waren den Behörden bereits vor dem Anschlag bekannt und wurden als gewalttätig eingestuft. Dennoch konnten die Anschläge nicht verhindert werden.

Die Schlussfolgerung aus dieser Untersuchung ist, dass wir nicht mehr Überwachung brauchen, um mehr Sicherheit zu erreichen. Was wir brauchen, sind besser ausgebildete und besser ausgerüstete Polizeibeamte, damit sie potenzielle Gefahren schneller erkennen können.

Obwohl es viel einfacher erscheint, in Massenüberwachungsinstrumente zu investieren, zeigen alle Daten, dass es niemandem etwas nützt, wenn alle überwacht werden.

Massenüberwachung beenden

Was aus den Beispielen in den USA und in Europa deutlich wird, ist, dass wir die Massenüberwachung beenden müssen. Sie ist weder ein adäquates Instrument zur Bekämpfung - geschweige denn zur Vorhersage - der Kriminalität, noch ist es möglich, sie mit der Verfassung in Einklang zu bringen.

Anstatt mehr Überwachung zu fordern, sollten sich Politiker auf den Schutz der Menschenrechte der Bürger konzentrieren, wie unser Recht auf Privatsphäre und unser Recht auf freie Meinungsäußerung.

Diese Menschenrechte werden schwer verletzt, wenn eine ungerechtfertigte Massenüberwachung durchgeführt wird. In ihrer schlimmsten Form - und mit Hilfe von Gesichtserkennung und Standortbestimmung - könnte sie dazu führen, dass eine Gesellschaft nicht mehr frei und ohne Angst offen über Meinungen diskutieren kann.

Mit dem Aufkommen neuer und besserer Überwachungstechnologien wird es immer wichtiger, dass wir unsere demokratischen Werte aufrechterhalten und dafür sorgen, dass unsere Menschenrechte auch und vor allem von den Behörden respektiert werden. Dafür brauchen wir auch eine starke Verschlüsselung ohne Hintertüren.

Am Ende läuft alles auf eine einfache Entscheidung hinaus: Wollen wir alle Macht an die Behörden abgeben oder wollen wir, dass alle Macht beim Volk bleibt?